06.05.2023

Fachleute aus Wirtschaft und Wissenschaft forschen gemeinsam daran, wie die Transformation der Stahlindustrie ein Erfolg wird. Sie setzen dabei auf grünen Wasserstoff. In einem neuen Video auf dem YouTube-Kanal „Energieforschung“  erklären sie, wie gut das schon gelingt.

Der Werkstoff Stahl ist im Alltag an vielen Stellen präsent — etwa in Autos, Schiffen, Brücken, Hochhäusern, Kühlschränken sowie Werkzeugen. Jedoch belastet die Stahlproduktion erheblich das Klima, insbesondere durch ihren hohen CO2-Ausstoß und einen enormen Energieverbrauch im Herstellungsprozess. Ungefähr 30 Prozent der Treibhausgase, die von der deutschen Industrie ausgestoßen werden, gehen auf das Konto der Stahlindustrie. Anders formuliert: Die Branche war laut Daten des Umweltbundesamts 2022 für knapp fünf Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich.

Um die Dekarbonisierung und Transformation der Stahlindustrie voranzutreiben, fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterschiedliche Projekte im Bereich der angewandten Energieforschung. Das im Video erwähnte Reallabor der Energiewende H2Stahl und die Forschungsprojekte OptiLBO und FlexHeat2Anneal beschäftigen sich mit der Frage, wie grüner Wasserstoff verschiedene Prozesse der Stahlindustrie CO2-ärmer gestalten kann: von der Stahlproduktion bis zur Weiterverarbeitung.

Primär- und Sekundärstahl klimafreundlicher produzieren

Um Stahl herzustellen, wird sehr viel Energie benötigt: Im traditionellen Hochofen entsteht bei bis zu 1.400 Grad Celsius flüssiges Roheisen, das zu Stahl weiterverarbeitet wird. Dieser Prozess ist für 80 Prozent der anfallenden CO2-Emissionen in der Stahlproduktion verantwortlich. Im Reallabor der Energiewende H2Stahl arbeiten die Fachleute deshalb daran, den Primärstahl per Direktreduktion herzustellen. Das Verfahren ist eine Alternative zur Hochofenroute. Dabei kann Wasserstoff anstelle von Kohlenstoff als Reduktionsmittel genutzt werden.

70 Prozent des in Deutschland produzierten Stahls werden aktuell als Primärstahl hergestellt, 30 Prozent als Sekundärstahl im Elektrolichtbogen. Dort wird Stahlschrott bei bis zu 3.500 Grad Celsius aufgeschmolzen und zu Rohstahl verarbeitet. Dies benötigt zwar weniger Energie als die traditionelle Hochofenroute — dennoch werden auch hier mehrere Millionen Tonnen CO2 pro Jahr freigesetzt. Um den Schmelzprozess bei der Sekundärstahlherstellung zu beschleunigen, kommen auch Brenner zum Einsatz, die noch mit Erdgas betrieben werden. Im Forschungsprojekt OptiLBO arbeiten Fachleute daran, innovative Brennersysteme mit einer selbstlernenden Steuerung zu entwickeln. Dieses soll den Erdgasverbrauch bereits jetzt reduzieren und langfristig beim Umstieg auf das Brenngas Wasserstoff unterstützen.

Wasserstoff in der Stahlweiterverarbeitung

Ist der Rohstahl produziert, durchläuft er noch einige Prozesse, um gewünschte Eigenschaften wie Festigkeit oder Dehnbarkeit einzustellen. Bei der Weiterverarbeitung von Stahl setzt das Forschungsprojekt FlexHeat2Anneal an. Konkret geht es in dem Projekt um kontinuierliche Glühlinien: In diesen rund 70 Meter langen und knapp 30 Meter hohen Öfen wird Stahlband bei Temperaturen von mehr als 680 Grad Celsius wärmebehandelt, damit es sich später als Verpackungsstahl eignet. Im Fall von FlexHeat2Anneal wollen Forschende den flexiblen Umstieg auf Wasserstoff untersuchen — denn bisher wird Erdgas als Brennstoff in den sogenannten Strahlheizrohrsystemen eingesetzt. (em)

 

Über „Energieforschung“

Auf dem YouTube-Kanal „Energieforschung“ berichtet der Projektträger Jülich im Auftrag des BMWK über die Forschungsförderung im Energieforschungsprogramm (EFP). In Videointerviews, Reportagen, Erklärvideos und Shorts wird das aktuelle Wissen zu den EFP-Missionen Energiesystem, Wärmewende, Stromwende, Wasserstoff und Transfer vermittelt.

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Die Stahlerzeugung und -verarbeitung setzt sehr viel CO2 frei. Künftig könnte grüner Wasserstoff Erdgas in Prozessen ersetzen – und so die Klimabilanz der Branche verbessern.

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