Energieeffizienz in der Leichtmetallgießerei
Innovatives Produktionskonzept senkt Energiebedarf um rund 25 Prozent
Energieeffizienz in der Leichtmetallgießerei
Innovatives Produktionskonzept senkt Energiebedarf um rund 25 Prozent
Von der Alufolie im Haushalt über Motorkomponenten im Auto bis hin zu Elementen einer Windkraftanlage: Aluminium kommt in vielen Anwendungsgebieten vor. Als Leichtmetall lässt es sich in große Formen bei relativ niedrigem Gewicht gießen, jedoch ist der Prozess sehr energieintensiv.
Im Forschungsprojekt ETAL haben Forschende daher ein neuartiges transportables Schmelz- und Warmhalteofenkonzept entwickelt. Dieses greift auf eine flammenfreie Poren-Gasbrennertechnologie zurück und reduziert den Stromverbrauch in der Gießerei deutlich. Außerdem haben die Forschenden die Logistik im gesamten Gießereiprozess optimiert, womit sie weitere Energieeinsparungen ermöglichen konnten.
Jährlich rund 500.000 Kilowattstunden Energie einsparen
Die Praxisversuche bei der Leichtmetallgießerei Bad Langensalza (LGL) — einem der Projektpartner in ETAL — haben positive Ergebnisse hervorgebracht: So konnte das Forschungsteam den Strombedarf im Gießereiprozess um rund 94 Prozent und den Gasverbrauch um etwa 29 Prozent senken. Übertragen auf die gesamte Produktion von LGL lassen sich damit durchschnittlich etwa 25 Prozent des gesamten Energieverbrauchs einsparen. Dies entspricht rund 500.000 Kilowattstunden (kWh) im Jahr — so viel Energie wie fast 200 Zwei- bis Drei-Personen-Haushalte jährlich an Strom verbrauchen.
Das Ausmaß zeigt sich insbesondere, wenn sich die Einsparpotenziale aus ETAL bei rund 600 Gießereibetrieben in ganz Deutschland realisieren ließen: Bei einer durchschnittlichen Energieeinsparung von 20 Prozent, könnte die Gießereiindustrie dadurch jährlich mehrere Millionen Kilowattstunden Energie einsparen.
CO2-Fußabdruck der gesamten Gießereiindustrie verbessern
Mit dem geringeren Energieverbrauch sinken zudem die CO2-Emissionen der Gießerei deutlich. Die Forschenden gehen hier von rund 70 Prozent weniger Emissionen aus, was unter Klimaschutzaspekten ein großer Gewinn für die Branche ist. Die Ergebnisse aus ETAL zeigen somit großes Potenzial, Leichtmetalle zukünftig energieeffizienter, CO2-ärmer und auch kostengünstiger zu produzieren.
Wie sieht die Produktion in der Gießerei aus?
Um Leichtmetallbauteile herzustellen, wird Aluminium zunächst aufgeschmolzen und bis zur Gießtemperatur von rund 820 Grad Celsius erhitzt. Die entstandene Schmelze wird anschließend aus dem Schmelztiegel in eine sogenannte Transportpfanne umgegossen, um sie zum eigentlichen Gießprozess zu transportieren. Die Transportpfanne muss vorgewärmt werden, damit die Aluminiumschmelze beim Umgießen nicht zu stark abkühlt. Aus der Transportpfanne wird sie in einen stationären Warmhalteofen umgefüllt. Dieser sorgt dafür, dass die Aluminiumschmelze ausreichend flüssig und ihre Temperatur vor dem Gießen konstant bleibt. Um nun ein Bauteil herzustellen, wird die Schmelze aus dem Warmhalteofen geschöpft und in die Bauteilform gegossen. Sobald sie abgekühlt und wieder verfestigt ist, ist das Bauteil fertig. Weil der Gießereiprozess konstant hohe Temperaturen benötigt, ist er sehr energieintensiv. Die vielen Umfüllprozesse erhöhen das Risiko an Fehlproduktionen und Ausschussware, da sich die Schmelze dabei mit Sauerstoff anreichert.
Gas statt Strom: Neues Ofen-Konzept ersetzt Umfüllen der Schmelze
In ETAL ist es durch das neue Tiegelschmelzofen-Konzept gelungen, das Leichtmetall im selben Behälter zu schmelzen, zu transportieren und warmzuhalten. Dazu ist in den Dockingstationen — den sogenannten promeos® heatdocks — ein Poren-Gasbrenner integriert, der den portablen Tiegelschmelzöfen — den sogenannten promeos® mpots — die Energie zum Schmelzen oder Warmhalten zuführt. Die Dockingstation kann mehrere Schmelztiegel versorgen und führt Brenngas und Verbrennungsluft entsprechend der benötigten Leistung zu.
Bisher erfolgte insbesondere das Warmhalten elektrisch. Das neue Tiegelschmelzofenkonzept im Forschungsprojekt ETAL stellt den Prozess auf Gas um und reduziert den Strombedarf in der Folge auf nahezu Null. Obwohl damit ein zusätzlicher Prozess mit Gas betrieben wird, kommt es auch hier zu einer Einsparung, deren Vorteile deutlich überwiegen: Das neue Konzept ist deutlich effizienter, da mithilfe des promeos® mpot nur noch ein Gefäß anstatt mehrerer aufgeheizt werden muss und auf Umfüllvorgänge vollständig verzichtet werden kann. So werden zukünftig die drei Prozessschritte Schmelzen, Transportieren und Warmhalten miteinander kombiniert und die Prozesskette verkürzt. Darüber hinaus sind die mpots nicht auf ein Brenngas festgelegt: Sie lassen sich beispielsweise auch mit anderen Gasen — wie etwa Flüssiggas — betreiben, die besser verfügbar sind. Auch Hybridlösungen sind hierbei möglich. Eine weitere promeos® mpot-Variante, die sich zukünftig mit 100 Prozent Wasserstoff betreiben lässt, befindet sich derzeit in Entwicklung.
PULL-Prinzip steigert Effizienz in der Gießerei
Bisher ist der Gießereiprozess zentral, entsprechend eines PUSH-Systems, geregelt. Das Leichtmetall wird an einer zentralen Stelle aufgeschmolzen und stetig an die nachfolgenden Prozessschritte verteilt. Durch das Umgießen und gegebenenfalls Wartezeiten an den verschiedenen Stationen kühlt die Schmelze ab und muss erneut erwärmt oder warmgehalten werden. Der aktuelle Gießereiprozess ist somit sehr zeit- und energieintensiv.
Das neuartige Schmelztiegel-Konzept mit Dockingstation macht eine dezentrale und damit viel flexiblere Produktion möglich. So kann diese nach dem sogenannten PULL-Prinzip viel gezielter und effizienter ablaufen. Ein Monitoringsystem überwacht den gesamten Prozess und steuert die bedarfsgerechte Schmelze-Versorgung. Die Schmelze wird gezielt zum Gießprozess geleitet und weitere Warmhalte- oder Aufheizprozesse entfallen. Dies reduziert sowohl den Energieverbrauch als auch die Menge an Ausschussware. (ln)
Vorteil Porenbrenner: Metallschmelze gleichmäßig temperieren
Bei den im promeos® heatdock integrierten Brennern handelt es sich um sogenannte Poren-Gasbrenner. Bei diesen wird Gas in einer keramischen Struktur — vergleichbar mit den Poren eines Schwammes — verbrannt. Die keramische Struktur fängt an zu glühen und gibt Wärme an die Umgebungsluft ab, die den Tiegel sehr homogen über Konvektion beheizt. So ist es möglich, eine homogene Temperatur der Metallschmelze bei zeitgleich geringerem Energieverbrauch zu erreichen. Eine weitere Effizienzsteigerung wird dadurch erzielt, dass die prozessintern anfallende Hochtemperatur-Abwärme rückgeführt und wiederverwertet wird. Sie kann dann das Chargiergut vorwärmen. Über einen effizienten Wärmeübergang und die schadstoffarme Verbrennung des Gases können zudem der CO2-Ausstoß sowie die Kohlenmonoxid (CO)- und Stickoxid (NOx)- Emissionen niedrig gehalten werden. Bei offenflammigen Systemen wird der Schmelztiegel hingegen mit einem Flammenbrenner beheizt. Hierbei ist es schwierig, das Temperaturniveau exakt einzustellen und dieses homogen in der Schmelze zu erreichen. Die starke, teils punktuelle Hitzeeinwirkung beansprucht zudem das Tiegelmaterial.