22.02.2022

Zementwerke produzieren nicht nur Zement, sondern auch große Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO2). Wie das klimaschädliche Treibhausgas zu Rohstoff für die chemische Industrie werden kann, untersucht ein Wissenschaftsteam im Projekt CO2-Syn.

Europa will bis 2050 klimaneutral werden. Für die Zementindustrie ist dies eine große Herausforderung. Denn bei jeder Tonne produziertem Zement entstehen etwa 600 Kilogramm Kohlenstoffdioxid. Wenn es gelänge, das klimaschädliche Gas aus der Atmosphäre fernzuhalten und stattdessen Rohstoffe zu marktrelevanten Preisen daraus zu erzeugen, wäre dies ein Meilenstein. Das CO2-Syn-Forschungsteam arbeitet daran. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln im kürzlich gestarteten Forschungsverbund unter anderem ein zweistufiges Verfahren, bei dem verdünnte sowie verunreinigte CO2-Prozessabgase künftig direkt weitergenutzt werden könnten. Bisher muss das von den Zementwerken freigesetzte Kohlenstoffdioxid noch aufwändig gereinigt werden. Dies ist technisch anspruchsvoll und kostspielig.

Carbon-Capture-Utilization als Zwei-Stufen-Prozess

Blaupause für andere Zementwerke: Die in CO2-Syn entwickelte neue Prozessroute soll – an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst – auch von anderen Zementwerken übernommen werden können.
©Phoenix Zement
Blaupause für andere Zementwerke: Die in CO2-Syn entwickelte neue Prozessroute soll – an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst – auch von anderen Zementwerken übernommen werden können.

Um das Kohlenstoffdioxid abzutrennen und weiter zu verarbeiten, setzt das Wissenschaftsteam auf Carbon-Capture-Utilization, kurz CCU. Darunter versteht man, dass aus Abgasen CO2 abgeschieden und chemisch umgewandelt wird, etwa zu Grundstoffen für die chemische Industrie. „Wir wandeln zunächst mittels Elektrolyse Kohlenstoffdioxid und Wasser zu Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff um“, berichtet Dr. Kai junge Puring. „Anschließend wird das Gemisch aus diesen Stoffen, welches auch Synthesegas genannt wird, eingesetzt, um in einem weiteren thermokatalytischen Verfahren Olefine und höheren Alkohole herzustellen“, so der CO2-Syn-Projektleiter weiter. Aus Olefinen werden unter anderem Schmiermittel, Kunststoffe oder Waschmittel produziert.

Kai junge Puring ist Gruppenleiter für Elektrolysetechnik beim Fraunhofer-Institut für Umwelt‑, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT. Gemeinsam mit Partnern der Ruhr-Universität Bochum sowie Expertinnen und Experten aus dem Phoenix Zementwerk Krogbeumker beziehungsweise dem Leuchtstoffwerk Breitungen bearbeiten er und ein interdisziplinäres Team am Fraunhofer UMSICHT eine ganze Reihe unterschiedlicher Forschungsaspekte. Dazu gehören beispielsweise robuste Katalysatoren, die eine vorgeschaltete Reinigung der CO2-Abgasströme überflüssig machen sollen. Materialforschung ist dafür notwendig. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt liegt darauf, die chemischen Verfahrensschritte anwendungsbezogen zu optimieren. Außerdem beschäftigen sich die Forschenden mit dem sogenannten Upscaling: Das Hochfahren der Prozessschritte in praxisrelevante Größenordnungen ist nicht nur technisch, sondern auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten.

Integration der chemischen Grundstoffproduktion in das Zementwerk

Neben den prozessbezogenen Forschungsthemen steht am Ende die Frage der Systemintegration. Wie lässt sich die neue „Produktionslinie“ in ein bestehendes Zementwerk integrieren? Welche potenziellen Abnehmer gibt es und wie sieht ein erfolgreiches Marketing für die chemischen Grundstoffe aus? Um das solide einschätzen zu können, erarbeitet das CO2-Syn-Team ein Bewertungskonzept. In dieses werden neben technischen und wirtschaftlichen Aspekten unter anderem auch ökologische und standortspezifische Aspekte einfließen. (it)

CO2-Kreislaufwirtschaft: Kraftwerk von grünem Wald umgeben
©kbarzycki - stock.adobe.com

CO2-​Kreislaufwirtschaft

Bisher gilt CO2 hauptsächlich als Abfallprodukt, es kann aber auch als Rohstoff für Chemikalien, Kunst-​ und Kraftstoffe verwendet werden.

zum Forschungsthema

CO2-Syn: Stoffliche CO2-Nutzung aus Zementwerkprozessgasen mit gekoppelten elektrochemischen und thermisch katalysierten Prozessen

För­der­kenn­zei­chen: 03EE5104

Projektlaufzeit
01.02.2022 31.01.2025 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

CO2-Nutzung bei Industrieprozessen

För­der­sum­me: rund 1,70 Millionen Euro

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt

Zum Start von CO2-Syn hat das Fraunhofer UMSICHT ebenfalls eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Newsletter

Nichts mehr verpassen

©nightman1965/iStock/thinkstock
Grafische Darstellung der Erde mit Lichtern, Globus
©imaginima/iStock

Energieforschung.de

Bis 2022 sind rund sechs Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung im 7. Energieforschungsprogramm vorgesehen.

mehr
Mehr Informationen zu Förderprojekten, Energie-​ und Effizienztechnologien sowie förderpolitischen Leitlinien bietet das Informationssystem EnArgus.