01.06.2023

Forschungsprojekte vorbereiten oder abschließende Entwicklungsschritte kurz vor der Markteinführung durchführen — das ist Ziel der sogenannten Mikroprojekte, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert. Im April und Mai 2023 sind die ersten Projekte mit Industriebezug gestartet.

Im Oktober 2022 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des Förderaufrufs Klimaneutrale Wärme und Kälte das neue Förderformat der sogenannten Mikroprojekte eingeführt. Mikroprojekte unterscheiden sich von bestehenden Förderformaten durch den Fokus auf eine schnelle Verwertung der Projektergebnisse und kurze Projektlaufzeiten. Damit sollen sie dazu beitragen, die Transformation des Wärmesektors zu beschleunigen.

Die Mikroprojekte im Bereich Industrie beschäftigen sich mit ganz unterschiedlichen Aspekten der Wärmewende: So arbeiten zahlreiche Forschungsteams etwa daran, neuartige Hochtemperaturwärmepumpen weiterzuentwickeln oder in verschiedenen Branchen einzusetzen. Insbesondere für industrielle Prozesse im mittleren bis hohen Temperaturniveau zwischen 100 bis über 200 Grad Celsius werden die Anlagen immer interessanter — so etwa bei Trocknungsprozessen. Die Wärmepumpen sollen kohlenstoffbasierte Brennstoffe ersetzen und damit die Treibhausgasemissionen senken. Für den großflächigen Praxiseinsatz gilt es jedoch, ihre Leistungsfähigkeit weiter zu steigern.

In weiteren Mikroprojekten arbeiten Forschende außerdem daran, Wärme und Abwärme effizienter zu nutzen, die Wärmerückgewinnung zu optimieren, Hochtemperaturprozesswärme bereitzustellen, thermo-chemische Netzwerke beziehungsweise Absorptionstrocknungsprozesse zu realisieren, Wärmespeicher einzubinden und alternative Wärmequellen zu erschließen.

Aktuell laufen die folgenden Mikroprojekte mit Industriebezug:

Hochtemperatur-Wärmepumpen für die Papierindustrie

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE)

Förderkennzeichen: 03ENM0023

Laufzeit: 01. Mai 2023 bis 31. Oktober 2023

Die Papierindustrie benötigt viel Prozesswärme, die in der Regel durch Gas bereitgestellt wird. Mehr als 90 Prozent dieser Wärme liegt unterhalb von 200 Grad Celsius. Hochtemperaturwärmepumpen können Temperaturen bis zu dieser Obergrenze bereits erreichen und gelten damit als eine klimaneutrale Alternative zu bisher verwendeten fossilen Energieträgern. Im Mikroprojekt MPapWP wollen Forschende nun das Potenzial für den Einsatz von Hochtemperaturwärmepumpe in der Papierindustrie ermitteln und analysieren, welche Anforderungen und Randbedingungen erfüllt sein müssen, um die Anlagen zu integrieren.

Erhöhung der Energieeffizienz bei der Herstellung technischer Textilien am Beispiel der Trocknung eines Brandschutzmaterials

K.TeX Knein Technische Textilien GmbH

Förderkennzeichen: 03ENM0018

Laufzeit: 01. Mai 2023 bis 30. April 2024

Textilien werden chargenweise in hochflexiblen Anlagen ausgerüstet und oder beschichtet und mindestens einmal in einem energieintensiven Trocknungsprozess getrocknet. Für technische Textilien wie Hitze- und Brandschutztextilien, die längere Produktlebenszeiten aufweisen oder die vielfach benötigt werden, kann eine produktspezifische und kompakte Prozesstechnik sinnvoll sein. Im Mikroprojekt PyroTexEnerVali will ein Forschungsteam nachweisen, dass sich der spezifische Energiebedarf dabei reduzieren lässt. Daher wollen die Forschenden eine Labortechnik aufbauen, die mit geringem Aufwand eine Vielzahl an verschiedenen Veredlungsprozessen und Trockenverfahren abdecken kann. Parallel dazu verändern sie die Beschichtungsrezeptur, um Trocknungsverhalten und gewählte Trocknungstechnik besser aufeinander abzustimmen. Im Anschluss wollen die Forschenden das Prozesslayout für eine energieoptimierte Fertigung ableiten und die Übertragbarkeit der Labortechnik auf zukünftig optimierte Produktionsprozesse prüfen.

Konstruktion einer Hochtemperatur-H2O-Wärmepumpe

Lübbers Anlagen- und Umwelttechnik GmbH

Förderkennzeichen: 03ENM0020

Laufzeit: 01. April 2023 bis 30. September 2023

Im Mikroprojekt HTH2OHP entwickeln Forschende eine bereits konzipierte Wärmepumpe  mit Wasser beziehungsweise Wasserdampf als Kreisprozessfluid für den Praxiseinsatz weiter. Damit wollen sie sowohl den Primärenergieeinsatz in industriellen Trocknungsprozessen reduzieren als auch Prozesswärme im mittleren Temperaturbereich elektrisch bereitstellen. Weiterhin erforscht das Team wie sich bestehende und bereits dampfbeheizte Industrieprozesse nachrüsten lassen, sodass der Wasserdampf direkt an Dampf-Wärmeübertrager angeschlossen werden kann. Die Hochtemperatur-H2O-Wärmepumpe soll die Potenziale, in Trocknungsprozessen Energie einzusparen und die Effizienz zu erhöhen, weiter ausschöpfen. Dazu gehört beispielsweise auch, das vielfach verfügbare Abwärme-Temperaturniveau von rund 45 bis 80 Grad Celsius zu Prozesswärme von etwa 200 bis 250 Grad Celsius aufwerten zu können.

CO2-neutrale Erzeugung von Hochtemperaturprozesswärme für den Brennprozess der Ziegelindustrie

Heatrix GmbH

Förderkennzeichen: 03ENM0017

Laufzeit: 01. April 2023 bis 30. September 2023

Das Start-up Heatrix entwickelt eine Technologie, die energieintensive Industrieprozesse kontinuierlich mit regenerativ erzeugter Prozesswärme bis 1.500 Grad Celsius versorgen kann. Im Mikroprojekt COHoZi evaluiert das Forschungsteam nun, welche Potenziale und Rahmenbedingungen bestehen, um das Heatrix-System in der Ziegelindustrie einzusetzen. Die erzeugte Hochtemperaturprozesswärme soll im Brennprozess genutzt werden und so die CO2-Emissionen beim Ziegelbrand reduzieren. Mit dem Mikroprojekt wollen die Forschenden ein Demonstrationsprojekt vorbereiten, in dem sie zusammen mit Partnern aus der Ziegelindustrie die Anwendung im realen Ziegelofen zu erproben.

Entwicklung eines Analysetools zur Optimierung der Wärmerückgewinnung in Gießereien

Schönheider Guß GmbH

Förderkennzeichen: 03ENM0010

Laufzeit: 01. Mai 2023 bis 31. Oktober 2023

Um Prozesse und Wärmerückgewinnungslösungen in Gießereiprozessen zu optimieren, fehlen oftmals wichtige Prozessinformationen und -daten — so etwa zu Energieströmen einzelner Prozesse. Im Mikroprojekt WRGies wollen Forschende daher einfache Messlösungen erarbeiten, mit denen sich weiterführende zeitliche Verläufe von Energieströmen bestimmen lassen. Das Ziel: ein einfach zu bedienendes Tool, das zusammen mit einer Wärmeintegration erste Abschätzungen liefert, wie sich Wärme rückgewinnen und der Prozess optimieren lässt. Die gewonnenen Daten sollen Unternehmen dabei unterstützen, Prozesse weiterzuentwickeln und entsprechende Investitionsentscheidungen zu treffen.

Machbarkeitsuntersuchung zur Einbindung von Wärmespeichern für eine klimaschonendere Produktion von Wellpappe

BHS Corrugated Maschinen- und Anlagenbau GmbH

Förderkennzeichen: 03ENM0026

Laufzeit: 01. Mai 2023 bis 31. Oktober 2023

Wie kann eine klimaschonendere Wärmeversorgung für die Wellpappenfabrik der Zukunft aussehen? Im Mikroprojekt CorrTess wollen Forschende ein Modell- und anschließendes Demonstrationsprojekt mithilfe einer Machbarkeitsstudie vorbereiten. Dazu überprüfen sie verschiedene Konzepte zur Wärmeversorgung — insbesondere, wie sich verschiedene Wärmespeicher in die Wärmeversorgung einbinden lassen oder Wärme innerhalb des Prozesses verteilt wird. Das Team verfolgt dabei Ansätze zu Power-to-Heat, Solarthermie und Abwärmenutzung.

Vorbereitung eines Verbundprojekts zu Anwendungstechnologien für Offene Thermo-Chemische Netzwerke durch Ermittlung von Pilotvorhaben und Vorplanung in Zusammenarbeit mit zukünftigen Anwendern und Partnern der Wissenschaftlichen Begleitung

Watergy GmbH

Förderkennzeichen: 03ENM0008

Laufzeit: 01. April 2023  –  30. September 2023

Im Mikroprojekt TheChNe beschäftigt sich ein Forschungsteam mit dem Thema Absorptionstechnik mit konzentrierter Salzlösung — also sogenannten thermo-chemischen Netzwerken. Diese sollen zukünftig auch für industrierelevante Anwendungsfälle wie Wäsche-, Holz-, Papier-, oder Gipstrocknung angewendet werden. Die Salzlösung hilft dabei, die Abluft aus dem Prozess zu entfeuchten. Mittels Abwärme aus diesem oder einem anderen Prozess kann die Lösung wieder regeneriert beziehungsweise aufkonzentriert werden. Bei geeigneter Prozessgestaltung kann hierfür Niedertemperaturabwärme im Bereich von 60 Grad Celsius genutzt werden. Da rund 25 Prozent des Gesamtabwärmepotenzials in Deutschland auf Niedertemperaturabwärme entfällt, ließen sich dadurch erhebliche Einsparpotenziale erschließen. Das Mikroprojekt bereitet ein Verbundvorhaben vor, in dem Anwender und wissenschaftliche Partner die Anwendungsfälle detaillierter planen und realisieren wollen.

Durchführbarkeitsstudie für das Forschungsverbundvorhaben ECO-Transform

Evonik Operations GmbH – ROHACELL

Förderkennzeichen: 03ENM0025

Laufzeit: 01. Mai 2023 bis 31. Oktober 2023

Im Mikroprojekt ECO-TransMikro untersucht ein Forschungsteam, wie sich beim Herstellungsprozess von Hartschaumstoffplatten und der daran angrenzenden Infrastruktur Energie einsparen und Emissionen reduzieren lassen. Ein Fokus liegt dabei auf der Energieversorgung sowie einer Prozessanalyse, um mögliche Einsparpotenziale abschätzen zu können. Insbesondere soll bei den Polymerisationsbecken das aktuell genutzte Dampfnetz durch eine alternative Wärmeversorgung abgelöst werden. Weiterhin wollen die Forschenden ermitteln, welche Energieeinsparpotenziale bei einer Transformation möglich und welche Risiken damit verbunden sind. Das Mikroprojekt bereitet ein größeres Verbundprojekt vor. Dieses soll sich mit der Transformation von nicht-treibhausgasneutralen Fabriken in der chemischen Industrie hin zu treibhausgasneutralen Fabriken befassen.

(ln)

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