Moderne Fertigungstechnik
Leichtbauwerkstoffe reduzieren Energiebedarf von Schleifmaschinen
Viele deutsche Industriebetriebe bearbeiten Werkstoffe oder Bauteile und decken damit die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Produkten. Sie setzen insbesondere Maschinen für die spanende Bearbeitung ein. Da Unternehmen einem erhöhten Kostendruck ausgesetzt sind, müssen sie Maschinen und Prozesse energieeffizienter betreiben sowie Rohstoffe effizienter nutzen können. Die Produktqualität darf dies jedoch nicht negativ beeinflussen.
Energiebedarf von Schleifmaschinen um rund 30 Prozent reduzieren
Hier setzen die Projektpartner FCT Ingenieurkeramik, Connova Deutschland, Lightway sowie das Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik der Technischen Universität Dresden an. Im Forschungsprojekt LiWeKo wollen sie die Maschinendynamik deutlich verbessern und so den Energiebedarf von Schleifmaschinen signifikant um bis zu 30 Prozent senken.
Während aktuelle Maschinen pro Tag rund 76 kWh Energie verbrauchen, würden sie optimiert nur etwa 50 kWh benötigen. Übertragen auf 80 Prozent der deutschlandweit eingesetzten Schleifmaschinen kommen damit jährlich rund 688 GWh eingesparte Energie zusammen.
Was passiert im Schleifprozess?
Beim Schleifprozess bewegt sich eine rotierende Schleifscheibe über die Oberfläche eines Werkstücks. Dabei dringen die scharfen Kanten einzelner Schleifkörner in die Oberfläche ein: Material wird abgetragen. Die Effizienz des Schleifprozesses hängt davon ab, wie viel Material pro Zeit abgetragen werden kann.
Daher ist es das Ziel, die Prozesszeit pro Werkstück zu verkürzen. Dazu muss die Umfangsgeschwindigkeit der Schleifscheibe beziehungsweise deren Drehzahl erhöht werden.
Innovative Materialien für Schleifscheibe, Spannaufnahme und Spindel einsetzen
Der Energiebedarf im eigentlichen Schleifprozess hängt wesentlich von der Umfangsgeschwindigkeit ab. Wird diese erhöht, sinkt der Energieeinsatz pro produziertem Produkt. So einfach ist das jedoch nicht: Maschinenteile wie die Schleifscheibe, die Spannaufnahme und die Spindel sind dafür zu schwer.
Warum kann die Geschwindigkeit im Schleifprozess nicht so einfach erhöht werden?
Bei aktuellen Schleifmaschinen wiegt die rotierende Masse oftmals bis zu 40 Kilogramm. Bei einer erhöhten Umfangsgeschwindigkeit erzeugt das unerwünschte Vibrationen und Schwingungen. Diese beeinflussen die Qualität des zu produzierenden Bauteils negativ. So können beispielsweise Maße nicht exakt eingehalten werden. Daher gilt es, die rotierende Masse zu reduzieren und damit Vibrationen zu minimieren.
Wird die Schleifscheibe auf eine höhere Geschwindigkeit beschleunigt, muss zudem signifikant mehr Energie eingesetzt werden. Diese muss durch Elektromotoren aufgebracht werden, die bei gleicher Werkzeugmasse leistungsmäßig schnell an ihre Grenzen kommen. Stand der Technik ist, in solch einem Fall leistungsstärkere Motoren einzusetzen. Diese benötigen mehr Energie und Ressourcen, was diametral zum globalen Ziel steht, Energie einzusparen. Die Grenze kann hin zu geringerem Leistungsbedarf verschoben werden, indem die Werkzeugmasse reduziert wird.
Hier ersetzen die Forschenden stahlbasierte Werkstoffe weitestgehend durch moderne Leichtbauwerkstoffe. Damit halbiert sich die Masse, die im Schleifprozess rotiert, und die Umfangsgeschwindigkeit kann erhöht werden. Die Schleifscheibe trägt in gleicher Zeit mehr Material ab, erwärmt sich dabei weniger und die Produktionszeit eines einzelnen Bauteils verkürzt sich.
Die neuen Werkstoffe können jedoch nicht unmittelbar gegen die konventionellen metallischen Materialien ausgetauscht werden. Das Team von LiWeKo muss mediale, tribologische sowie strukturelle Anforderungen ermitteln und im neuen Werkzeugdesign berücksichtigen.
Erste Modellbauteile zeigen Machbarkeit
Seit dem Projektstart im Oktober 2019 hat das Team von LiWeKo bereits erste Modellbauteile entwickelt. Unter anderem konnten die Forschenden eine um 60 Prozent leichtere Spannvorrichtung und hybride Spindeln konstruieren und herstellen.
Die hybriden Spindeln bestehen dabei entweder aus Stahl und Kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) oder aus Stahl und Keramik. Für die Schleifscheibe untersuchen sie nun geeignete Fertigungskonzepte, um Faserverbundstoffe optimal einzusetzen.
Zudem haben die Forschenden eine Pilotanlage um ein Energie-Monitoringsystem erweitert. Dieses soll die Leistungsaufnahme im Schleifprozess exakt erfassen und visualisieren. Damit kann das Forschungsteam sowohl herkömmliche als auch neu entwickelte Bauteile bewerten und weiter optimieren. Die LiWeKo-Projektpartner sind zuversichtlich, die angestrebten Projektziele erreichen zu können.
Wie lassen sich Wärmeverluste im Schleifprozess reduzieren?
Wenn die Schleifkörner in die Oberfläche des Werkstücks eindringen, verformt sich dessen Material und es bilden sich Späne. Dadurch entsteht Wärme. Wird der Span drehzahlbedingt langsam abgehoben, sind Schleifkorn und Werkstück lange in Kontakt. Eine größere Wärmemenge geht sowohl in die Schleifscheibe als auch in das Werkstück über. Der Prozess wird ineffizient. Bei höheren Drehzahlen ist die Kontaktzeit viel geringer. Die entstandene Wärme verbleibt überwiegend in der Kontaktzone. Dies ist vorteilhaft, da so die Werkstofffestigkeit in diesem Bereich abnimmt. Damit ist für den Schleifprozess weniger Schnittkraft erforderlich und es wird weniger Rotationsenergie benötigt.
Schleifmaschine wird Vorreiter für weitere Fertigungsverfahren
Die Zusammenhänge in LiWeKo sind sehr komplex: Einerseits gilt es, die verschiedenen Eigenschaften möglicher Leichtbauwerkstoffe zu beachten. Weiterhin müssen die Forschenden aber auch geeignete Methoden finden, um die unterschiedlichen Werkstoffe miteinander zu kombinieren. Hier zeigt insbesondere die additive Fertigung großes Potenzial.
Das Gewichts-reduzierte Werkzeugsystem soll später als ein übergreifender Demonstrator dienen. So schafft LiWeKo eine wissenschaftlich-technische Basis für weitere Anwendungen, die auf den erreichten Projektergebnissen aufbauen. Die Fertigungstechnik kann damit Ressourcen nachhaltiger einsetzen und Umweltbelastungen signifikant reduzieren. (ln)