13.11.2023

Im Projekt XXL3DDruck hat ein Team einen 3D-Drucker entwickelt, mit dem sich sehr große Bauteile zukünftig additiv herstellen lassen. Die Fertigungsmethode spart nicht nur Materialressourcen, sondern auch Energie ein. Bei einer Veranstaltung zeigten die Forschenden nun, wie der Drucker funktioniert.

Besucher des Infotags bei REINTJES an Stehtischen diskutierend
© Rouven Theiß/REINTJES
Beim Infotag bei REINTJES konnten sich Expertinnen und Experten zum Thema additive Fertigung in der mittelständischen Industrie austauschen.

Im Oktober hat der Projektpartner REINTJES, Spezialist für Schiffsantriebssysteme, zu einem Infotag mit Live-Demonstration eingeladen. Bei der Veranstaltung stellten die Forschenden die Ergebnisse aus XXL3DDruck einem Publikum aus Unternehmen, Forschung, Verbänden und Politik vor — von der ersten Idee, über die Entwicklungsphase bis hin zu den erreichten Erfolgen. Gemeinsam sprachen die Expertinnen und Experten darüber, welche Chancen additive Fertigungsmethoden für mittelständische Unternehmen in Deutschland eröffnen und wie wichtig Fördermöglichkeiten für neue Innovationen und Anwendungen sind. Der Tenor des Abends: Auch kleinere und mittlere Unternehmen sollten den Mut haben, Ideen zu verfolgen und Forschungsprojekte anzugehen — damit können sie ihre Produktionen optimieren, Ressourceneffizienz steigern und zum Klimaschutz beitragen.

Ausgestattet mit einer Schweißerbrille konnten die Besucherinnen und Besucher dem großen 3D-Drucker live in Aktion zuschauen.
© Rouven Theiß/REINTJES
Mit der Schweißerbrille ausgestattet: So wie der Niedersächsiche Wirtschaftsminister Olaf Lies und Reintjes-Geschäftsführer Klaus Deleroi konnten die Besucherinnen und Besucher dem großen 3D-Drucker live in Aktion zuschauen.

Highlight der Veranstaltung war der 3D-Drucker live in Aktion. Die Portalanlage hat einen Bauraum von 3x4,5x1,5 Metern. Mit einer Schweißerbrille ausgerüstet, konnten die Besucherinnen und Besucher durch eine Schutzwand beobachten, wie ein zugeführter Draht Schicht für Schicht zu einem Bauteil aufgetragen wurde. Im Normalfall arbeitet der große 3D-Drucker mit dem sogenannten lasergestütztem Lichtbogenauftragsschweißen. Aufgrund der größeren Personenanzahl wurde der Laser bei der Live-Demonstration jedoch nicht eingesetzt. Zudem stellten die Forschenden Exponate der Druckversuche aus, die in verschiedenen Projektphasen entstanden sind. Hierbei waren die Entwicklungsschritte und darin erfolgte Optimierungen gut zu erkennen.

 

3D-Druck: 41 Prozent Energie gegenüber herkömmlicher Gussfertigung einsparen

Neben der Entwicklung des 3D-Druckers – zu der auch die notwendige Anlagen-, Prozess- und Messtechnik gehört hat – haben sich die Forschenden in XXL3DDruck damit beschäftigt, das Gehäuse eines Doppellamellengetriebes (Größe: 4,3x2,2x2,7 Meter) auf die neue Fertigungsmethode anzupassen. Die Simulation sowie die gefertigten Probestrukturen und Musterbauteile haben gezeigt, welche Energie- und Ressourceneinsparungen möglich sind. Rund 22 Megawattstunden Energie ist für die Fertigung im 3D-Drucker nötig – das sind etwa 41 Prozent weniger als beim herkömmlichen Gussverfahren. Zudem haben die Forschenden berechnet: Fallen die während des Projekts noch notwendigen entwicklungsbedingten Unterbrechungen des Druckprozesses weg, könnten sich sogar bis zu 51 Prozent Energie einsparen lassen. Außerdem konnten sie den Materialverbrauch um rund 36 Prozent senken. So benötigt das herkömmliche Bauteil etwa 13,5 Tonnen Gusseisen, während das additive Verfahren nur knapp über 7,5 Tonnen Stahlguss und nicht einmal eine Tonne Schweißdraht verbraucht.

Additive Fertigung vs. Herstellung über Gussverfahren

Bislang werden großvolumige Bauteile wie die Gehäuse für Schiffsgetriebe unter anderem mithilfe von Gussformen hergestellt. Viele von ihnen werden in Einzelausführung gefertigt, was zeitintensiv, aufwändig und kostenintensiv ist. Die Gussteile müssen überdimensioniert werden, damit für die final gewünschte Form Material abgetragen werden kann. Dies kostet zusätzlich Energie und Rohstoffe. Zudem lassen sich nicht alle gewünschten Bauteilformen realisieren. Mithilfeadditiver Fertigung können die Bauteile gewichts- und belastungsoptimiert gefertigt werden. Auch konventionell nicht umsetzbare Konstruktionen sind dadurch möglich. Der positive Effekt: Neben dem geringeren Materialverbrauch und damit mehr Ressourceneffizienz, spart die Methode zusätzlich Energie ein, da zum Beispiel wärmeintensive Prozessschritte wegfallen oder weniger Material aufgeheizt werden muss.

Aufgrund von Verzugskräften hebt sich die Grundstruktur, auf der die einzelnen Schichten aufgetragen werden, vom Drucktisch ab.
© Rouven Theiß/REINTJES
Kühlen die aufgetragenen Schichten nach und nach ab, wirken starke Verzugskräfte auf das Bauteil und die Grundstruktur. Diese Herausforderung wollen die Projektpartner zukünftig noch lösen.

Bauteilverzug: zukünftig weitere Herausforderungen meistern

Mit XXL3DDruck konnten die Projektpartner eine neue Fertigungsmethode für den Schiffsbau erschließen. Während des Vorhabens haben sie zudem erste Optimierungen vorgenommen: So konnte das Team die Fertigungsparameter nach ersten Probestrukturen präziser einstellen und damit die Bauteiloberfläche sehr viel gleichmäßiger drucken. Doch bis zur breiten Anwendung in der Praxis sind noch einige Aufgaben zu lösen. Neben der Anlagen- und Prozessoptimierung ist bislang insbesondere der Bauteilverzug eine Herausforderung. Erkaltet der heiße Draht, ziehen sich die unteren Schichten des Bauteils bereits ungewollt zusammen während oben noch weitere Schichten aufgetragen werden. Ganz deutlich wird das am sogenannten Flanschbereich beziehungsweise der Grundstruktur — also der Stahlplatte auf die der 3D-Drucker das Bauteil druckt. Die Verzugskräfte sind so stark, dass sich die bis zu 2,5 Tonnen schwere Platte an den Enden vom Druckertisch abhebt. Dieses Problem will das Team auch nach Projektende noch lösen, um den 3D-Druck zukünftig für den Schiffsbau praxistauglich zu machen. (ln)

Andere Branchen zum Vorbild nehmen

Die Getriebegehäuse in der Schifffahrt liegen meist in einem Größenbereich bis etwa 5,5 Metern Länge. Bei der Entwicklung des 3D-Druckers haben sich die Forschenden in XXL3DDruck daher insbesondere mit dem Lichtbogenauftragsschweißen auseinandergesetzt. Dieses ist vorteilhaft für große Bauteile und wird auch bereits in der Luft- und Raumfahrt angewendet. In XXL3DDruck konnte das Forschungsteam die Anwendung auf die maritime Industrie übertragen und zeigen, dass der Einsatz dort realisierbar ist. Der entwickelte 3D-Drucker nutzt das Lichtbogenauftragsschweißen in Kombination mit einem Laser.

Verbundvorhaben XXL3DDruck: Energie- und ressourceneffiziente Herstellung großskaliger Produkte durch additive Fertigung am Beispiel von Schiffsgetriebegehäusen

För­der­kenn­zei­chen: 03ET1644

Projektlaufzeit
01.01.2019 31.03.2023 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Energiesparende Industrieverfahren - Maschinenbau, Fahrzeugbau, Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik, EBM-Waren [EA3250]

För­der­sum­me: rund 2,12 Millionen Euro

Kontakt

REINTJES GmbH
Eugen-Reintjes-Straße 7
31785 Hameln

weitere Projektpartner

TEWISS - Technik und Wissen GmbH
An der Universität 2
30823 Garbsen

Laser Zentrum Hannover e.V.
Hollerithallee 8
30419 Hannover

IPH – Institut für Integrierte Produktion Hannover
Hollerithallee 6
30419 Hannover

Eilhauer Maschinenbau GmbH
Am Pferdemarkt 53
30853 Langenhagen

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