Bei der 14. SET-Plan-Konferenz diskutierten VertreterInnen aus Politik, Industrie und Forschung über die europäische Zusammenarbeit und die Rolle der EU in der Energiewende. Ein Fokus liegt auf der Forschung zu erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff.

Zusammenarbeiten, in die Forschung vertrauen und Akzeptanz schaffen – das waren wohl die drei wichtigsten Kernpunkte bei der diesjährigen SET-Plan-Konferenz, die am 23. Und 24. November 2020 stattfand. Der Strategic Energy Technology Plan, kurz: SET-Plan, verfolgt die Klimaziele 2030 und 2050 auf europäischer Ebene und bildet eine Plattform für den gemeinsamen Weg dahin. Vor dem Hintergrund der deutschen Ratspräsidentschaft organisierten das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und die EU-Kommission gemeinsam die Konferenz. Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurde diese ausschließlich digital abgehalten. Auch mit dem Motto „Making the SET-Plan fit for the EU Green Recovery“ bezogen sich die Organisatoren auf die aktuelle Situation: Die europäische Wirtschaft könnte sich womöglich schneller von der Corona-Krise zu erholen, wenn sie auf einen grüneren Neuaufschwung setzt.

Erneuerbare Energien und Wasserstoff fördern

Offshore Windkraftanlage
©BMWi/Holger Vonderlind
Europas Küstenfläche ist groß und sollte genutzt werden: Offshore Wind und Meeresenergie zeigen großes Potenzial für ein klimaneutrales Europa. Der SET-Plan will die europaweite Zusammenarbeit von der Forschung bis in die Praxis unterstützen.

Welche Rolle die EU dabei spielen soll, war Thema der meisten Panels. Der SET-Plan legt dazu einen besonderen Fokus auf Forschungsinitiativen zu erneuerbaren Energien und Wasserstoff. Rund neun Prozent der weltweiten CO2-Emissionen entfallen auf die EU, hauptsächlich im Mobilitätssektor und verschiedenen Industriesektoren wie etwa dem Zement- und Stahlbereich. Bis 2050 möchte die EU CO2-neutral sein, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. So sollen erneuerbare Energien dann 80 Prozent des Gesamtbedarfs abdecken während zeitgleich der Energiebedarf durch deutlich effizientere Prozesse und Produkte sinken soll.

Keine CO2-Neutralität ohne Wasserstofftechnologien

Neben erneuerbaren Energien soll auch vermehrt Wasserstoff eingesetzt werden. „Wasserstoff ist das einfachste Molekül, das existiert, und kann alle Brennstoffe wie Kohle, Gas, Diesel und Benzin ersetzen. Das macht ihn für den Einsatz im Industriebereich besonders geeignet“, erklärte Alexandru Floristean von Hydrogen Europe – dem europäischen Interessen-Verband für die Wasserstoff- und Brennstoffzellenindustrie – im Fachforum Wasserstoff. Tudor Constantinescu, Hauptberater der Generaldirektorin Energie der EU Kommission, äußerte, dass Wasserstoff einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für etliche Industriebereiche wie Stahlindustrie oder Chemiesektor biete. 2050 wäre ein Einsatz von bis zu 50 Prozent Wasserstoff vorstellbar, wenn jetzt investiert würde.

Tank für Wasserstoff aus erneuerbaren Industrien
©AA+W - stock.adobe.com
Wasserstoff kann in vielen Industrieprozessen eingesetzt werden und konventionelle Energieträger ersetzen. "Grüner Wasserstoff" wird aus erneuerbaren Energien wie etwa Wind- oder Solarenergie erzeugt. Damit ist er besonders ökologisch und kann entscheidend zur Klimaneutralität beitragen.

Der SET-Plan muss dazu Forschung und Innovation im Wasserstoffsektor weiter ankurbeln und die internationale Zusammenarbeit stützen. Bereits jetzt gibt es internationale Partnerschaften wie das European Hydrogen Valleys Partnership oder die European Clean Hydrogen Alliance, in denen mehrere europäische Regionen zur Wasserstoffentwicklung zusammenarbeiten.

Insbesondere die Entwicklung von „grünem Wasserstoff" aus erneuerbaren Energien sowie Entwicklungen bei Systemintegration und Sektorkopplung stehen in den kommenden Jahren im Mittelpunkt. „Blauer Wasserstoff" aus fossilen Energieträgern soll lediglich im Übergang genutzt werden, um den Gesamtbedarf an Wasserstoff decken zu können. Für die Industrie besteht zudem die Aufgabe, auch die eigenen Prozesse energetisch zu betrachten und zu mehr Effizienz weiterzuentwickeln.  

Sektorübergreifende Zusammenarbeit lokal und europäisch

Ob Industrie, Mobilität oder Energieversorgung von Gebäuden und Quartieren, bei einer Sache waren sich alle Referenten der SET-Plan Konferenz einig: Zusammenarbeit ist für eine europäische Führungsposition in der Energiewende essentiell. Dies gilt sowohl auf lokaler und regionaler als auch auf nationaler und internationaler Ebene. So sollen EU-Kommission und Mitgliederstaaten enger zusammenarbeiten, um Forschung und Innovation voranzutreiben. Austauschen von Best-Practice-Fällen und neuen Ideen, Risiken teilen und bereits existierende Forschungs- und Entwicklungsformate zusammenführen – das bringe mehr Interaktion und damit eine verbesserte Wahrnehmung des gemeinsamen Ziels. Scheinbar kleinere Entwicklungen können aufsummiert einen entscheidenden Fortschritt ergeben. Die Politik kann dabei mit Programmen wie dem SET-Plan unterstützen und motivieren.

Genauso wichtig wie die räumliche wird auch die sektorübergreifende Zusammenarbeit. So gelte es, den privaten und öffentlichen Sektor zusammenzubringen. Politik, Industrie, Forschungsinstitute und Gesellschaft sollen bei Forschungsprojekten für die Energiewende Hand in Hand gehen. Ein Beispiel zeigt bereits das deutsche Forschungsformat der Reallabore des BMWi, bei dem Forschung und Innovation in einem größeren Umfeld unter realen Bedingungen gedacht wird.

Vertrauen in Technologien und Marktfähigkeit ist essentiell für die Projektförderung

Auch das Thema Projektförderung wurde bei der 14. SET-Plan Konferenz rege diskutiert. Dr. Wolfgang Langen, Referatsleiter für Energieforschung – Projektförderung und Internationales beim BMWi, argumentierte, dass neben Technologieinnovationen auch Business-Ansätze und Regulationen einen hohen Stellenwert haben müssen. Für die Förderung sei entscheidend, die gesamte Wertschöpfungskette inklusive der Marktfähigkeit neuer Technologien zu betrachten. Die Aussicht erfolgreich Technologien zu entwickeln und damit global wettbewerbsfähig zu sein, motiviere insbesondere auch die private Förderung. Diese bedarf Langzeitzielen, denen ein strategischer Ansatz wie etwa kürzere Wertschöpfungsketten und Innovationszyklen zugrunde liegen. Auch das Vertrauen in die Innovationen und Technologien, die Aussicht auf Wettbewerbsfähigkeit und Wettbewerbsvorteile sowie eine politische Orientierungshilfe spielen hier eine wichtige Rolle.

Private und öffentliche Projektförderung können über gemeinsame Roadmaps die lang- und kurzzeit Ziele identifizieren und Investitionen beziehungsweise Förderkonzepte steuern. Anhand des Technology Readiness Level, kurz: TRL, können Projekte für die Förderung priorisiert und ausgewählt werden – etwa Projekte mit dem höchsten TRL zuerst. Diego Pavia von InnoEnergy warf hier jedoch ein, dass neben dem TRL auch Innovation Readiness, Finance Readiness und Acceptence Readiness Level beachtet werden müssen. So zeigt der Innovation Readiness Level, kurz: IRL, nicht nur, ob die Technologie zum Markteintritt bereit ist, sondern ob auch der Markt und die Gesellschaft bereit sind, die neue Technologie anzunehmen und zu nutzen.

Akzeptanz in der Gesellschaft für eine erfolgreiche Energiewende

Wie die Erklärung zum IRL bereits durchblicken lässt, ist neben der sektorübergreifenden und finanziellen Zusammenarbeit auch die gesellschaftliche Akzeptanz wichtig, um die Klimaziele 2030 und 2050 zu erreichen.

Akzeptanz: Eine Frau bewertet die Situation mit einem grünen lächelnden Smiley
©FotoCuisinette/iStock/thinkstock
Eine erfolgreiche Energiewende kann nur Hand-in-Hand funktionieren. Forschung, Industrie, Politik und Gesellschaft müssen hierfür enger zusammenarbeiten und miteinander kommunizieren.

Die technologische Zukunft wird von Menschen gestaltet –  durch Kreativität, Bildung und Interesse. Aus diesem Grund müssen die EU Kommission und ihre Mitgliedstaaten Formate wie den SET-Plan auch dazu nutzen, um mit BürgerInnen über Innovationen und die Chancen einer besseren Zukunft zu sprechen. Können sie Ziele und Vorgehen verständlich kommunizieren und den Nutzen klar herausstellen – etwa günstigere Energiepreise für den Endverbraucher oder saubere Energie, um die Umwelt zu erhalten – dann entstehen in der Gesellschaft Akzeptanz und im besten Fall auch der Wille, einen eigenen Beitrag zu leisten. Eine solche Bereitschafft treibt Forschungsprojekte weiter voran und steigert die Chancen, diese erfolgreich umzusetzen.

Am Ende der 14. SET-Plan Konferenz herrschte Einigkeit: Der SET-Plan kann und soll weiterhin helfen, Silos auf europäischer Ebene aufzubrechen und alle Akteure zusammenzubringen. Er ermöglicht, dass Technologie, Industrie, Forschungsinstitutionen, Finanzierung, Politik und Gesellschaft in Forschungsinitiativen wie etwa dem Horizon-2020-Programm und dessen Nachfolger Horizon-Europe zusammenfinden. Dabei muss der SET-Plan innovationsfreundliche Strukturen und Richtlinien bieten und eine Zusammenarbeit sowie den Austausch von Best-Practice-Fällen weiter vertiefen. So kann Europa seine Vorreiterrolle in der Energiewende erhalten und weiter ausbauen. (ln)

Weitere Informationen zur 14. SET-Plan-Konferenz 2020

Weitere Berichte zur Konferenz mit Stimmen der internationalen TeilnehmerInnen aus Politik, Industrie und Forschung finden Sie auf der Website der Forschungsnetzwerke Energie sowie auf unserem Dachportal energieforschung.de.

Auch die Website der 14. SET-Plan-Konferenz bietet Ihnen weitere Informationen. Dort haben Sie die Möglichkeit, noch einmal in das detaillierte Programm zu schauen und finden die drei Input Paper zur Konferenz. Diese thematisieren die drei neuen EU-Initiativen "Energy System Integration and Hydrogen“, „Offshore Renewables“ und „Renovation Wave“.

Zur Pressemitteilung, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie am 23.11.2020 veröffentlichte, gelangen Sie hier.

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