06.12.2022

Kohlendioxid (CO2) vermeiden hat oberste Priorität, um den Klimawandel aufzuhalten. Eine weitere Option sind hocheffiziente Filter, die das schädliche Treibhausgas aus der Luft saugen. Die NECOC-Anlage am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) kann mehr. Hier wird das CO2 direkt zu Kohlenstoff weiterverarbeitet.

Kohlenstoffpulver gilt als „schwarzes Gold“: Es ist in Elektrodenfolien in Batterien, in Farben, Lacken oder Kunststoffen enthalten. Bislang wird es vor allem aus fossilen Rohstoffen produziert. Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wird nun ein klimafreundlicherer Herstellungsprozess verfolgt. Als Ausgangsstoff dient unter anderem aus der Luft gefiltertes CO2. Dadurch entstehen sogenannte Negativemissionen. Gut für die Umwelt: Das schädliche Treibhausgas in der Atmosphäre wird insgesamt reduziert.

Einzelne Verfahrensschritte erstmals im Verbundbetrieb

Die notwendigen Verfahrensschritte werden in der weltweit einmaligen Versuchsanlage am KIT erstmals zusammengeführt: das Direct-Air-Verfahren, mit dem CO2 aus der Umgebungsluft abgetrennt wird, eine regenerativ betriebene Elektrolyse zur Produktion von Wasserstoff sowie die anschließende Methanisierung, bei der der Wasserstoff mit dem Kohlendioxid zu Methan weiterverarbeitet wird. Im letzten Prozessschritt wird das Methan mit Hilfe einer flüssigmetallbasierten Pyrolyse dann in Wasserstoff und den Kohlenstoff zerlegt.

Seit Ende 2019 arbeitet der Forschungsverbund aus KIT und den Industrieunternehmen Climeworks Deutschland und INERATEC bereits an dem Verfahren. Bisher haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die einzelnen Prozessschritte an ihren unterschiedlichen Standorten analysiert und optimiert.

Alle drei Verbundpartner bringen wichtige Expertise mit: Der Industriepartner Climeworks betreibt in Island bereits die weltweit größte kommerzielle Direct Air Capture & Storage-Anlage namens Orca . Das Karlsruher Unternehmen INERATEC — ein Spin-off aus dem KIT — bringt den Methanisierungsreaktor (Power-to-Gas) ein. Und das KIT selbst hat sich auf die Methanpyrolyse fokussiert, die in einem speziellen Flüssigmetall-Blasensäulenreaktor abläuft. Nun wurden am KIT alle Verfahrensschritte in einer Anlage zusammengeführt.

Was sind Negativemissionen?

Um die globale Erwärmung der Erde auf unter zwei Grad beziehungsweise 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, gilt es, soviel CO2-Emissionen wie möglich zu vermeiden. Darüber hinaus wird an Verfahren geforscht, mit denen es möglich ist, einen Teil des schädlichen Kohlendioxids wieder aus der Atmosphäre zu entfernen — sogenannte Direct-Air-Verfahren (engl. Direct Air Capture (DAC)). Diese CO2-Entnahmen werden als „Negativemissionen“ bezeichnet. Wie viel CO2 mit den Verfahren dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt werden kann und was das kosten würde, ist noch nicht geklärt.

Qualität des Kohlenstoffpulvers bestimmt den industriellen Einsatz

Benjamin Dietrich vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik am KIT und Koordinator des NECOC-Forschungsprojekts blickt gespannt auf die nächsten Monate: „Unser Team interessiert nun, wie effizient die Gase in den einzelnen Prozessschritten im Gesamtprozess umgewandelt werden. Das haben wir im Vorfeld zwar abgeschätzt. Da es aber bisher keine belastbaren Informationen darüber gibt, wie sich beispielsweise Nebenprodukte wie Feinstaub oder Stickoxide aus der Luft im Gesamtprozess verhalten, bleibt es spannend, welche Qualität an Kohlenstoffpulver wir tatsächlich produzieren werden.“ (Nähere dazu im Interview mit NECOC-Projektleiter Dr.-Ing. Benjamin Dietrich).

KIT-Schema-Abbildung
©KIT
Der NECOC-Gesamtprozess: Zunächst wird das CO2 aus der Luft abgeschieden und zusammen mit dem in einer Elektrolyse gewonnenen Wasserstoff zu Methan weiterverarbeitet. Dieses wird abschließend in der sogenannten Pyrolyse gespalten. Dabei entstehen Wasserstoff und das Kohlenstoffpulver.

Das schwarze Kohlenstoffpulver wird bisher vor allem aus fossilen Rohstoffen wie zum Beispiel Erdöl gewonnen. Das NECOC-Produktionsverfahren wirkt sich also gleich zweifach positiv auf die Umwelt aus: Es entnimmt CO2 aus der Umgebungsluft und reduziert zusätzlich den CO2-Ausstoff durch eine fossilfreie und damit nachhaltige Herstellweise des Kohlenstoffpulvers.

Im Karlsruher Versuchsbetrieb werden indes nur geringe Mengen produziert. Sollte das Verfahren reibungslos laufen und das Wissenschaftsteam zu positiven Ergebnissen mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit des Prozesses kommen, soll die Produktion hochskaliert werden. (it)

Wie sich CO2 mit der Necoc-Versuchsanlage aus der Umgebungsluft filtern lässt

NECOC: Schaffung negativer Emissionen durch
Auftrennung von atmosphärischem CO2 in wirtschaftlich verwertbares
Carbon Black und O2

För­der­kenn­zei­chen: FKZ 03EE5009A-C

Projektlaufzeit
01.12.2019 30.09.2023 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

CO2 Umwandlung in Sonstiges, CO2-Kreislaufwirtschaft, Direct-Air-Capture (DAC)

För­der­sum­me: rund 1,5 Millionen Euro

Porträt Benjamin Dietrich
©KIT
Dr. Benjamin Dietrich

Negative Emissionen
Mit NECOC realisieren wir eine weltweit einzigartige Versuchsanlage

Benjamin Dietrich vom Karlsruher Institut für Technologie erläutert im Interview, wie mit CO2 aus der Umgebungsluft Kohlenstoffpulver produziert wird.

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