14.03.2023

Die Anlage, die im Forschungsprojekt HT Wärmepumpe entwickelt und erprobt wurde, arbeitet besonders effizient und ist die weltweit erste ihrer Art. Der damalige Projektpartner hat ein Patent auf die Technologie angemeldet und inzwischen noch zwei weitere Anlagen in die praktische Anwendung gebracht.

Die im Forschungsprojekt HT Wärmepumpe entwickelte Hochtemperaturwärmepumpe AGO Calora wurden 2021 bei den Stadtwerken Neuburg installiert und ist dort weiterhin in Betrieb.
©AGO
Die im Projekt HT Wärmepumpe entwickelte Anlagen bei den Stadtwerken Neuburg.

Wärmepumpen gelten als eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende – sowohl auf niedrigen Temperaturen etwa für Raumwärme und Warmwasser als auch für Hochtemperaturanwendungen in der Industrie oder für die Fernwärmeversorgung. Doch bei Hochtemperaturwärmepumpen gibt es zwei zentrale Herausforderungen: Zum einen erreichen viele Modelle, die aktuell am Markt verfügbar sind, bislang nicht die Leistungen beziehungsweise Temperaturen, die für viele Hochtemperaturprozesse erforderlich sind. Zum anderen gilt es, alternative Kältemittel zu erproben, da gängige synthetische Kältemittel fluorierte Treibhausgase enthalten. Sie sollen durch klimafreundliche Alternativen abgelöst werden.

Das Forschungsprojekt HT Wärmepumpe hat sich genau diesen Herausforderungen gestellt und erfolgreich eine Hochtemperaturwärmpumpe mit einem Ammoniak-Wasser-Gemisch als Kältemittel entwickelt und erprobt. Die Anlage erreicht Temperaturen von bis zu 150 Grad Celsius bei einer Heizleistung von rund einem Megawatt. Umgesetzt wurde das Vorhaben zwischen 2018 und 2022 von der Firma AGO Energie + Anlagen in Kooperation mit den Stadtwerken Neuburg. Bei diesen wurde die Hochtemperaturwärmepumpe 2021 eingebaut und ist bis heute im Einsatz.

Optimierter Prozess ermöglicht höhere Temperaturen und mehr Effizienz

„Der Kern unseres Forschungsprojektes war es, den Kreisprozess der Wärmepumpe so abzuändern, dass nicht nur höhere Temperaturen erreicht werden können, sondern auch die Effizienz der Anlage an sich deutlich höher ist“, erklärt Projektleiter Dr. Klaus Ramming. „Unsere Hochtemperaturwärmepumpe ist nun die weltweit erste ihrer Art, die gleichzeitig so hohe Temperaturen und eine so hohe Effizienz erreichen kann.“

Ammoniak als Kältemittel effizient einsetzen: Wärmepumpe mit Lösungskreislauf

Ammoniak bringt als Kältemittel viele Vorteile mit sich: Es hat gute thermodynamischen Eigenschaften und ist — im Gegensatz zu vielen synthetischen Kältemitteln — klimaneutral. Bei Wärmepumpen, die reines Ammoniak als Kältemittel nutzen, sind jedoch die Kondensationsdrücke besonders hoch. Um trotzdem hohe Temperaturen erreichen zu können, wäre eine aufwendige und teure Ausstattung nötig. Die Forschenden im Projekt HT Wärmepumpe haben deshalb ein Ammoniak-Wasser-Gemisch genutzt, wodurch sich das Druckniveau deutlich reduziert. Wasser hat allerdings einen höheren Siedepunkt, bleibt also noch flüssig, während das Ammoniak schon verdampft. In Wärmepumpen mit einem sogenannten Lösungskreislauf werden die beiden Bestandteile daher getrennt. Damit ändert sich der thermodynamische Prozess: Statt Verdampfer und Kondensator nutzt die Wärmepumpe Austreiber und Absorber. Bisher waren Wärmepumpen nach diesem sogenannten Osenbrück-Prozess allerdings wenig effizient, weil die Exergie im Inneren nicht vollständig genutzt wird.

In HT Wärmepumpe haben die Forschenden deshalb daran gearbeitet, diese sensible nicht nutzbare Wärme einzusetzen, um weiteres Ammoniak aus der armen Lösung auszutreiben. So wird zum einen die vorhandene Exergie im Inneren besser ausgenutzt. Zum anderen reduziert sich der Lösungsumlauf, die eingesetzte Pumpe kann also effizienter betrieben werden. Diese Methode erlaubt es auch, die Heißgastemperatur so weit abzusenken, dass handelsübliche Verdichter eingesetzt werden können.

Mehr Details zur Technologie gibt es auf der Webseite der AGO Energie + Anlagen.

Stadtwerke erproben Wärmepumpe in realer Umgebung

Die Hochtemperaturwärmepumpe wurde bei den Stadtwerken Neuburg installiert. Diese betreiben ein Blockheizkraftwerk (BHKW), dessen Motorkühlwärme ein Fernwärmenetz speist und dessen Abgaswärme zur Heißwassererzeugung bis 140 Grad Celsius genutzt wird. Eine benachbarte Mälzerei benötigt dieses Heißwasser ganzjährig. In den Sommermonaten lohnte sich der Betrieb des BHWK jedoch bisher nicht, da der Bedarf des Fernwärmenetzes dann geringer ist. Dies hat sich nun durch den Einsatz der Hochtemperaturwärmepumpe geändert. Sie hebt die Motorkühlwärme des BHKW auf die Heißwassertemperatur an, so dass die Mälzerei ganzjährig versorgt werden kann. Im Winter speist der Rücklauf des Heißwassernetzes wiederum das Fernwärmenetz.

Patentierter Prozess wird zum Kernprodukt und kommt in die Anwendung

Aus dem Forschungsprojekt sind mehrere Patente hervorgegangen und die Hochtemperaturwärmepumpe ist inzwischen ein fester Bestandteil der Produktpalette der Firma AGO. „Die Wärmepumpe, die auf Basis des Forschungsprojektes entstanden ist, ist wirklich eines unserer Kernprodukte. Wärmepumpen sind gerade in aller Munde. Und dieser spezielle Typ ist besonders attraktiv, weil er in so vielen Leistungsklassen effizient eingesetzt werden kann“, sagt Ramming. „Schon jetzt sind die Erkenntnisse aus HT Wärmepumpe in zwei weitere Anlagen eingeflossen und wir haben Anfragen für weitere Einsatzgebiete.“ Eine dieser Wärmepumpen mit einem Temperaturniveau um die 85 Grad Celsius steht bereits bei den Stadtwerken Lemgo. Eine weitere mit rund 120 Grad Celsius befindet sich aktuell bei den Stadtwerken Münster im Bau.

Neben Stadtwerken sind aber auch zahlreichen Branchen in der Industrie mögliche Abnehmer für eine Hochtemperaturwärmepumpe. „Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig — eigentlich bei fast allen energieintensiven Unternehmen“, sagt Ramming. Dazu gehören zum Beispiel die Chemie- und Papierindustrie, aber auch fast alle Branchen, in denen Trocknung eine Rolle spielt: Etwa in Mälzereien, Ziegeleien, oder bei der Gipsherstellung.

Erfolgreiche Demonstrationen schaffen Vertrauen in neue Technologien

Das große Interesse an der neuen Hochtemperaturwärmepumpe führt Ramming auch auf das erfolgreiche Forschungsprojekt zurück. „Ohne ein Demonstrationsprojekt ist es sehr schwierig, das Vertrauen der Kunden in eine neue Technologie zu gewinnen“, sagt er. „Niemand will der erste sein. Und mit Hilfe der Förderung zeigen zu können, dass es funktioniert, ist sehr wichtig für eine erfolgreiche Markteinführung.“ (ks)

Mehr zur Hochtemperaturwärmepumpe im Video

HT Wärmepumpe: Entwicklung einer Hochtemperaturwärmepumpe für Temperaturen bis zu 160°C auf Basis eines Kältekreisprozesses mit Lösungsumlauf

För­der­kenn­zei­chen: 03ET1588A

Projektlaufzeit
01.10.2018 30.06.2022 Heute ab­ge­schlos­sen

The­men

Energiesparende Industrieverfahren - Wärmepumpen, Kältemittel

För­der­sum­me: 480.000 Euro

Kontakt

AGO AG Energie + Anlagen
Dr. Klaus Ramming
Telefon: 09221 602 122
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