Simulationen im Mikron- und Submikronbereich
Virtuell optimierte Strukturen machen Luftfiltermedien energieeffizienter
Simulationen im Mikron- und Submikronbereich
Virtuell optimierte Strukturen machen Luftfiltermedien energieeffizienter
Luftfiltermedien sind insbesondere in den vergangenen zwei Pandemiejahren stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Je nach Anwendung sollen sie einerseits den Menschen verlässlich vor Viren, Keimen und gesundheitsschädlichen Luftverschmutzungen schützen. Andererseits dienen sie auch dazu, Verunreinigungen in Maschinen und Produktionsstätten zu reduzieren und damit Schäden an den Anlagen zu vermeiden. Somit sind die Filter sowohl für Lüftungsanlagen in Gebäuden oder Verkehrsmitteln als auch in der Anlagentechnik und bei Reinraumproduktionen essenziell. Problematisch bei der Luftfiltration sind jedoch die hohen Kosten im Betrieb, von denen rund 70 Prozent auf den Energieverbrauch zurückzuführen sind. Dieser steht wiederum direkt mit den CO2-Emmissionen in Verbindung.
Große Einsparpotenziale: Bei geringeren Druckverlusten mehr Partikel abscheiden
Die Energieeffizienz der Filtermedien lässt sich insbesondere dadurch verbessern, dass der Druckverlust beim Durchströmen gesenkt wird. So weist das Team des gerade gestarteten Forschungsprojekts NanoFil darauf hin, dass Luftfiltrationsanlagen große Mengen Energie einsparen könnten: Der Differenzdruck des Filters müsste dazu über die gesamte Betriebsdauer um etwa 10 bis 20 Prozent geringer sein. Die Forschenden haben dies am Beispiel von Kompaktluftfiltern (Filtermedien der Klasse F7) und hocheffizienten Partikelfiltern (Filtermedien der Klasse H13) in Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungs-Systemen (kurz: HVAC-Systemen) berechnet. Bei jährlich rund 3,7 Millionen verkauften Filtern, gleicher Anteil F7 zu H13, ließen sich pro Jahr potenziell 620 Millionen Kilowattstunden bis 1,24 Terawattstunden Energie und 335.000 bis 670.000 Tonnen CO2 einsparen.
Filter für jeden Zweck
Verunreinigungen können sowohl in der Luft als auch in Flüssigkeiten vorkommen. Um diese zu beseitigen, gibt es verschiedene Arten von Filtern. Diese sind entsprechend an die jeweiligen Anwendungsgebiete und die Eigenschaften der zu filternden Partikel angepasst. Zu diesen zählen unter anderem die Partikelgröße, -geometrie und -struktur. Luftfilter werden unter anderem in Büros, öffentlichen Gebäuden, in Wohngebäuden oder im öffentlichen Transport eingesetzt. Dort sorgen sie für eine hohe Reinheit von Frisch- und Umluft und schützen den Menschen vor Viren, Keimen und weiteren, zum Teil gesundheitsschädlichen Luftverschmutzungen. Auch in der Industrie oder in Reinräumen wie etwa in der Medizin-, Pharma- und Biotechnik oder bei der Herstellung von Computer-Chips sind Luftfilter essenziell. Hier schützen sie neben dem Menschen auch Maschinen und Produkte vor Verschmutzungen und Ablagerungen.
Verschiedene Parameter bestimmen die Leistungsfähigkeit eines Filters
Solche effizienten Filter zu entwickeln ist jedoch eine komplexe Aufgabe. Auf der einen Seite gilt es dabei, das Verhalten und die Einflüsse kleinster Partikel mit verschiedenen Geometrien und Strukturen zu kennen. Auf der anderen Seite müssen das Verhalten und die Eigenschaften der Fasermedien im Filter über ihre komplette Lebensdauer hinweg bekannt sein — von der Einzelfaser bis in die verschiedenen Elemente und Ebenen. Nur durch das Zusammenspiel von Partikeln und Fasermedien lässt sich die Leistungsfähigkeit eines Filters bestimmen. Bisherige Simulationen und Modellansätze können diese komplexen Zusammenhänge aber bisher nicht immer zufriedenstellend abbilden. Aus diesem Grund ist die Filterentwicklung oftmals noch mit zeit-, kosten- und ressourcenintensiven experimentellen Versuchsreihen und Analysen verbunden. Das Team des Forschungsprojekts NanoFil will dies nun ändern.
Neue Simulationsansätze sollen Entwicklung von effizienteren Filtern vorantreiben
In den kommenden drei Jahren entwickeln Forschende des Instituts für Mechanische Verfahrenstechnik (IMVT) an der Universität Stuttgart und des Filterherstellers MANN+HUMMEL geeignete Simulationsansätze im sogenannten Mikron- und Submikronbereich. Damit wollen sie ein vollumfängliches und detailliertes Verständnis der Filterfunktion gewinnen. Zeitabhängige Eigenschaften wie Druckverlust und Abscheideeffizienz sowie Staub- und Partikelspeicherkapazität auf mikroskopischer und submikroskopischer Ebene stehen dabei im Fokus. Insbesondere sollen geeignete Sub-Modelle entwickelt werden, die für eine effiziente virtuelle Optimierung von Filtermedien wichtig sind. Es ist notwendig, die Prozesse im Filter skalenübergreifend korrekt abzubilden.
Was ist der Submikronbereich bei der Filtration?
Eine Filtration im Bereich von einem bis 200 Nanometern findet im sogenannten Submikronbereich statt und wird mithilfe von Ultrafiltern, Ultramikrofiltern oder Mikrofiltern durchgeführt. Die bei der Submikron-Filtration sehr feinen Filterporen halten Verunreinigungen wie etwa Bakterien, Kolloide, biologische Moleküle sowie weitere Partikel zurück. Zu den biologischen Molekülen zählen beispielsweise Endotoxine oder Enzyme.
Nur so lassen sich Energieeffizienz und gewünschte Filterleistungen optimieren und erreichen. Das Forschungsteam will insbesondere die Abscheidung von Kleinstpartikeln an feinen Synthetik-, Glasfaser- und Nanofasermedien weiter untersuchen. Aufgrund ihres hohen Leistungspotenzials liegt ein Hauptaugenmerk insbesondere auf den Nanofasermaterialien.
Nachdem die in NanoFil entwickelten Modellansätze experimentell validiert sind, wollen die Forschenden diese in ein Gesamtmodell zur virtuellen Filtermedienentwicklung integrieren. Damit optimieren sie verschiedene Luftfiltermedien zunächst virtuell und fertigen sowie erproben sie anschließend. (ln)