Ein modulares und intelligent vernetztes Gesamtsystem für die Produktion von Spezialchemikalien wollen Forscher im realen Maßstab und unter realen Bedingungen im Forschungsprojekt MPS aufbauen.

Im Labor haben ForscherInnen schon mit Ergebnissen aus den BMWi-geförderten Forschungsprojekten ESIMEM, Mi2Pro, Skampi, TeiA, und ORCA zeigen können, dass die Modularisierung in chemischen Produktionslinien skalenübergreifend möglich ist, die Effizienz erheblich gesteigert und Prozesse beschleunigt werden können. Im Forschungsprojekt MPS - Modulare Produktionslinien für Spezialchemikalien soll die modulare Produktionstechnik jetzt erstmalig in einer realen Produktionsanlage des Technologieunternehmens Merck in Darmstadt demonstriert werden.

Produktlebenszyklen in der Chemieindustrie verkürzen sich; individualisierte Produkte und eine flexible Produktion sind gefragt. Das stellt die Anlagenbetreiber vor neue Herausforderungen. Modulare Produktionsanlagen sind in der Lage, Produktionsprozesse zu flexibilisieren und damit die intelligente Fabrik in der Spezialchemie umzusetzen.

Modularisierte Produktion in der Chemieindustrie

Modularisierte Produktion in der Chemie bedeutet, dass einzelne Prozesse wie etwa das Destillieren, Kühlen oder Mischen von Spezialchemikalien in sogenannten modularen Anlagen zusammengeschaltet sind. Die Umstellung der Produktion von derzeit im Batchverfahren hergestellten Erzeugnissen auf eine kontinuierliche Fahrweise hat das Potenzial für enorme Effizienz- und Zeitgewinne. Die verschiedenen Module sind wiederverwendbar und können für verschiedenste Synthesen genutzt werden.

Module sind darüber hinaus einfach auszuwechseln und Produktionskapazitäten können flexibel angepasst werden. Die Modularität eröffnet zusätzlich den Einsatz von neuen, innovativen Technologien, da diese einfach in bestehende Anlagen/Prozesse integrierbar sind. Forschungsbedarf gibt es beispielsweise noch bei der Standardisierung der Module sowie bei der Automatisierungstechnik und Datenverarbeitung, damit eine einfache und intelligente Zusammenarbeit der einzelnen Anlagenteile möglich wird.

Symbolbild_Modellprojekt MPS_ Modulare Produktion in der Chemieindustrie
©Merck KGaA
Die Ergebnissen aus den BMWi-​geförderten Forschungsprojekten ESIMEM, Mi2Pro, Skampi, TeiA, und ORCA haben gezeigt, dass die Modularisierung in chemischen Produktionslinien skalenübergreifend möglich ist.

In vorangegangen Projekten konnten im Forschungsfeld chemische Verfahrenstechnik Teillösungen für eine modulare Produktion erarbeitet werden, die jetzt in der Darmstädter Pionieranlage für die Chemiefabrik der Zukunft erfolgreich zusammengeführt werden sollen. Vor allem in der Pharma-, Fein- und Spezialchemikalienproduktion ist das Energieeinsparpotential sehr groß, da hier aufgrund der geringeren Produktionsmengen vorwiegend im Batchbetrieb (diskontinuierliche Prozesse) produziert wird.

Trotz guter Vorarbeiten in den vorangegangenen Forschungsprojekten gibt es unterschiedliche Risikostufen für die einzelnen Module und Prozesse, die in einer kommerziellen Produktionsanlage zu Mehrkosten führen. In MPS will das Forscherteam den Dauerbetrieb mit Modul- und Produktwechsel genau analysieren und das Gesamtkonzept für modulare Anlagen in Bezug auf Schutz und Sicherheit mit den Genehmigungsbehörden abstimmen. Forschungs- und Entwicklungsziel ist die Energieeffizienz unter Marktbedingungen in Bezug auf Qualität und Kosten zu erhöhen sowie den Prozess- und die Produktionsanlagenentwicklung mit wiederverwendbaren Standardmodulen zu beschleunigen.

Intelligente übergeordneten Prozesssteuerung

Der Fokus liegt zunächst auf einer modularen Energie-, Medien- und Automatisierungs-Infrastruktur in der mehrstufige oder parallele Prozesse installiert werden können: Die einzelnen Module sollen für eine effiziente Steuerung der Produktion automatisiert und selbstgesteuert laufen.

Mit einem modularen und intelligent vernetzten Gesamtsystem für die kontinuierliche Produktion ist es möglich, rund 30 Prozent weniger Energie im Vergleich zum aktuellen Stand der Technik zu verbrauchen.

Bei einer Energieeinsparung von 58 Kilowattstunden (kWh) pro kg Produkt entspricht die Energieeinsparung pro Jahr, exemplarisch für eine Produktionsmenge in 2018 von 240 Tonnen Spezialchemikalien bei Merck, 14 Gigawattstunden (GWh).

Forschungsinitiative EnPro

Mit der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Forschungsinitiative EnPro wollen einige der größten Chemiekonzerne Deutschlands in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Universitäten neue Produkte schneller aus dem Labor auf den Markt bringen, energieeffizientere Herstellungsprozesse etablieren und Durchlaufzeiten verkürzen. Die Akteure entwickeln unter anderem Konzepte für die Chemieindustrie, um Apparate modular aufzubauen, intelligent und flexibel zu gestalten. Themenschwerpunkte der Initiative sind:

  • Intelligente Systeme und Sensorik
  • vernetzte, einfach austauschbare Module
  • Modul-Systeme für Unit Operations
  • Integration von Lifecycle-Daten

Das Forschungsprojekt MPS ist Teil der EnPro-Forschungsinitiative und setzt erstmalig die Ergebnisse vorangegangener Forschungsprojekte aus dem Labor in einem Produktionsumfeld um. Die EnPro-Initiative ist in das Forschungsnetzwerk Industrie und Gewerbe im Forschungsfeld chemische Verfahrenstechnik integriert.

Modulare Produktionslinien für Spezialchemikalien (MPS)

För­der­kenn­zei­chen: 03EN2059A

Projektlaufzeit
01.10.2020 30.09.2023 Heute ab­ge­schlos­sen

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För­der­sum­me: rund 3,45 Millionen Euro

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Chemische Verfahrenstechnik

Neue Produktionskonzepte sowie kontinuierliche und modulare Prozesse haben das Potenzial, die Energieeffizienz in der chemischen Industrie weiter zu verbessern. Sie gehört aktuell zu den energieintensivsten Wirtschaftszweigen.

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